"Das ist frischer Wind für den Golfsport. Das ist genau das, was Golf braucht", sagt US-Golflegende Greg Norman zu Beginn des Promotionvideos des Unternehmens Topgolf. Und er bringt es mit diesen wenigen Worten auf den Punkt. Was in den Vereinigten Staaten mittlerweile boomt, ist bei uns in Deutschland oder auch in Österreich kaum vorstellbar: Lasst uns gemeinsam große Golfparty feiern! Mitten in der Stadt. So wie wir es hierzulande höchstens von der launigen Bowlingrunde mit Freunden kennen.
Rund 640.000 Menschen in Deutschland sind in Golfclubs organisiert. Das sind gerade einmal 0,75 Prozent der Gesamtbevölkerung und im Vergleich zu den über drei Millionen aktiven Fußballern verschwindend wenig. Kein Wunder also, dass sich die Golfbranche Gedanken macht, wie man den Sport noch attraktiver gestalten könnte. Und diese Überlegungen waren Teil des Golfkongresses 2016 in Nürnberg, dem größten Branchentreff des Landes. Rainer Preißmann ist ein Experte auf diesem Gebiet. Seit 1978 arbeitet er als Landschaftsarchitekt und beschäftigt sich seitdem auch mit der Entwicklung, Planung und Realisierung von Golfanlagen. Seine These: "Man muss die potenziellen Interessenten da abholen, wo sie ihren Lebensmittelpunkt haben." Dort, wo sie leben, wo sie arbeiten und den größten Teil ihrer Freizeit verbringen. Ein paar Löcher golfen nach der Arbeit, chippen vor der Haustür. Und das mitunter mitten in der Stadt. "Der Fokus liegt auf den Neugierigen, den nicht organisierten Golfern und denen, die keine Lust haben, nach der Arbeit erst noch eine halbe Stunde irgendwo hinzufahren, um dort zu spielen", meint Preißmann. Bereits vor 30 Jahren habe er ein Konzept für Kommunen und Grundstückseigner geschaffen, das zentrumsnahe Trainingsmöglichkeiten und Kurzplätze beinhaltet. Aber das Konzept wurde nicht mehr weiterverfolgt. Eigentlich schade, denn nur eine überschaubare Anzahl der Golf-Angebote liegen auch tatsächlich dort, wo die potenziellen Nutzer leben.
Pitchen und Putten im Schwimmbad
Seine Ideen klingen fantastisch. Es macht Spaß, sie gedanklich weiterzuspinnen. Übungsareale auf Sportplätzen, die nicht mehr genutzt werden. Fun-Parcours in den kälteren Monaten quer durch die Städtischen Schwimmbäder. Chippen im Park oder Putten auf der brachgelegenen Tennisanlage. "Die Anzahl der Löcher ist doch völlig irrelevant. Es kommt nur darauf an, dass man alle Schlagvarianten üben kann", sagt Preißmann. Sein prognostizierter Platzbedarf: acht bis 15 Hektar. Gute Ideen, meint der Experte, seien genügend da. Oft fehle der unternehmerische Mut, einen für das deutsche Golf-Business bislang völlig neuen Schritt zu gehen. Als positive Beispiele nennt Preißmann unter anderem den Verein Golfkultur Stuttgart mit seiner zentrumsnahen Übungsanlage für Jedermann und das Freibad Krefeld-Bockum, bei dem sogar die bestehenden Wasserbecken in den Spielverlauf eingebaut werden. "Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt", meint er.
Und dann geht´s wieder einmal um die Amis. Sie sind uns auch in dieser Hinsicht meilenweit voraus. Irgendwie offener für Neues, für ein bisschen Verrücktes. Sie feiern große Golfparty mit Freunden. So wie wir das bislang höchstens von der lässigen Bowlingrunde mit Freunden kennen. Cocktail trinken, Burger essen, Musik hören - und nebenbei zur Gaudi abschlagen. Was für ein fantastisches Konzept! Bislang, sagt Preißmann, seien beispielsweise Indoor-Golfanlagen in Deutschland nur "saisonverlängernd für aktive Golfer" vorgesehen. Aber warum eigentlich nicht als Erlebniswelt für Interessierte, für Unerfahrene und für solche, die einfach nur einen Abend Spaß haben wollen? Das US-Unternehmen Topgolf verfolgt mit seinen Anlagen genau diesen Eventcharakter und spricht damit die Zielgruppe an, die auch im deutschsprachigen Raum in den Klubs noch unterrepräsentiert ist: Fast 50 Prozent der Topgolf-Kunden sind zwischen 18 uznd 34 Jahren!
Fantasie ist gefragt
Einen Schritt in diese Richtung hat Peter Merck mit seiner Golf Lounge in Hamburg gemacht. Auch die New Golf Lounge in Neu-Ulm ist anders, wenn auch noch nicht ganz so verrückt und ein klein wenig spießiger wie die großen Anlagen in Las Vegas oder Tampa. "Das Wie bleibt der Fantasie und den finanziellen Möglichkeiten der Clubmanager überlassen", sagt Preißmann. Wichtig sind für ihn lediglich die vier F's: Fun, Family, Fast und Flexible. Gut erreichbar müssten die Anlagen demnach sein und zu kostenverträglichen Konditionen nutzbar. Also los Leute, worauf warten wir noch: Lasst uns endlich diese großen Party feiern!
Foto: Sean Berry, Topgolf