Eigentlich würde man auf diesem Ruhebänkchen hier oben am Gipfelkreuz am liebsten einfach mal eine Pause einlegen. Die Brotzeit auspacken, tief durchatmen und das Panorama genießen. Von den Weiten des Illertals bis hinüber zu den Gipfeln der Allgäuer Alpen. Doch selbst auf 1.011 Metern Höhe wartet im Golfclub Waldegg-Wiggensbach eine der vielen besonderen Herausforderungen des Platzes. Es ist der höchste Abschlag Deutschlands.
Das Par 3 mit 170 Metern Länge wird freilich viel kürzer gespielt als es die faktische Entfernung zwischen Tee und Fahne vorhersagt. Der Höhenunterschied ist entscheidend – und an diesem Loch auch Stärke und Richtung des Windes, denn es ordentlich hinunter. Und als wäre das nicht schon kompliziert genug, warten links vom Grün ein Biotop und rechts davon der Abhang hinunter in den Wald. Aber bitte nicht erschrecken! Die Beschreibung dieser Spielbahn mag vielleicht dem einen oder anderen Angst machen. Tatsache ist aber: Auch wenn man für den Platz in Wiggensbach wirklich ordentlich Kondition braucht, ist es einer meiner Lieblingsplätze. Weil er abwechslungsreich ist und einfach so viele wunderbare Ausblicke bietet. Da vergisst man recht schnell, wie anstrengend es eigentlich ist.
Heute wird den Mitgliedern und Gästen oberhalb der Oberallgäuer Gemeinde Wiggensbach eine moderne und herausfordernde 27-Loch-Anlage geboten, die durch die drei unabhängigen 9-Loch-Kurse beliebig kombiniert werden kann. Ist man hier unterwegs, mag man kaum glauben, dass alles einmal mit einer naturbelassenen Wiese begonnen hat, die den golfbegeisterten Menschen in der Umgebung zur Verfügung gestellt worden ist. Mitte der 1980er Jahre war das. In bester Erinnerung haben viele derjenigen, die schon damals dabei waren, noch ein Par 3, dessen Grün am Waldrand lag. Putten war da freilich schier unmöglich. Ob zu weit oder zu kurz, der Ball kam aufgrund der Neigung des Geländes immer wieder zum Spieler zurück – ganz von alleine. Ganz so schlimm ist es mittlerweile zwar nicht mehr, so manche Spielbahn lässt die Golferinnen und Golfer aber noch in ähnlichem Maße verzweifeln. Zehn Tobel müssen auf der 27-Loch-Anlage überwunden werden, sechs Biotope und drei Wasserhindernisse. Aber auch die elf Panorama-Fairways sehe ich als Hindernis. Denn durch die Fernsicht lassen sich viele Golferinnen und Golfer aus dem Konzept bringen. So mancher zückt da gerne mal das Fotohandy, um den Moment für das ganz persönliche Golf-Tagebuch festzuhalten. Vorzeigekurs des Golfclubs Waldegg-Wiggensbach ist demnach auch der Panorama-Kurs (A). Hier ist der Name Programm. Schon das erste Loch, ein von Gelb 512 Meter langes Par 5, ist charakteristisch für diese Anlage. Enges Fairway zwischen den Bäumen, ein kniffliges Grün und noch viel kniffligere Schräglagen. Um die kommt man in Wiggensbach kaum herum. Immer wieder geht es bergauf oder bergab. Für mich als Linkshänder sind vor allem die Löcher schwer zu spielen, bei denen ich über dem Ball stehen muss.
Wer das Grün nicht trifft, hat ein echtes Problem
Nichtdestotrotz ist der A-Kurs noch recht entspannt zu gehen. Das ist beim Illertal-Kurs (B) wesentlich schwerer. Er beginnt mit dem Kraxeltobel, einem 574 Meter langen Par 5, bei dem man den Driver schon richtig gut treffen muss, um Weite zu machen und am Ende auch mit Par von der Bahn zu gehen. Ausruhen ist da nicht drin. Denn schon zwei Bahnen weiter wartet der nächste Tobel, der Mahlertobel (Par 3; 114 Meter). Wer das Grün nicht auf Anhieb trifft, hat hier ein echtes Problem. Und diese Probleme können sich auf den folgenden sechs Löchern des B-Kurses häufen. Es geht über eine Schafweide, dann steil bergauf bis zum Loch. Die neueste Herausforderung ist der Zugspitz-Kurs (C). Diese neun Löcher wurden 2008 eingeweiht und von Club-Manager und Professional Ralf Schwarz höchstperönlich entworfen. Meine persönlichen Lieblingsbahnen auf dem C-Kurs: die Brennerwiese, ein Par 5 mit 463 Metern Länge, bei dem man aus dem Wald heraus abschlägt, aber gut und gerne Birdie spielen kann – wenn man denn lange und gerade ist; und Schlossbühl, ein Par 3 mit 158 Metern Länge und einem markanten Höhenunterschied, weshalb es hier auch ein Eisen 8 tut, um aufs Grün zu kommen. Hinten raus braucht es aber jede Menge Puste, um konzentriert zu Ende zu spielen. Denn es geht nur noch bergauf. Alles in allem ist die Anlage trotz ihrer Tücken ein echtes Erlebnis!
Hier geht's lockerer zu
In Wiggensbach geht es lockerer zu als auf manch anderer Golfanlage in der Umgebung. Die Mitgliederstruktur ist vergleichsweise jung, was auch daran liegt, dass der Club
Trainingsstützpunkt für den Nachwuchs im Bayerischen Golf-Verband und daher für seine gute Jugendarbeit bekannt ist. Auch die Gastronomie ist hier ein wenig anders. Es gilt das Prinzip
Selbstbedienung. Es gibt kleine Brotzeiten genauso wie hausgemachte Kuchen. Und alles wie gehabt mit der Extraportion Panorama!
Fotos: Stephan Schöttl