Bernhard Langer ist unbestritten der bekannteste und erfolgreichste deutsche Profi-Golfer. Mittlerweile räumt er auf der Champions-Tour kräftig ab, prägt die Saison der besten Golf-Senioren der Welt wie kaum ein anderer. Im August dieses Jahres feiert er seinen 61. Geburtstag, beim Masters in Augusta vor Kurzem war er ältester Teilnehmer im Weltklassefeld. Doch wo hat eigentlich die ganze Erfolgsgeschichte ihren Usprung? Auf Spurensuche in Langers bayerisch-schwäbischer Heimat.
Das Fahrrad. Es ist das Fahrrad auf dem schmalen Gehweg vor dem Clubhaus, das Bernhard Langer verrät. Denn wenn Deutschlands wohl bekanntester Golfer eine Runde in seinem Heimatclub dreht, kommt er nicht etwa mit dem dicken Jeep auf den Schotterparkplatz gedüst, sondern nimmt den Weg mitten durch den Naturpark Westliche Wälder. Knapp sieben Kilometer mit dem Rad von seinem Geburts- und Wohnort Anhausen zum Golfclub Augsburg-Burgwalden. Das ist eben typisch Langer. Denn der 60-Jährige legt wenig Wert auf Rummel um seine Person. Er ist und bleibt in seiner Heimat, knapp 15 Kilometer südwestlich von Bayerns drittgrößter Stadt Augsburg, der sympathische und bodenständige Bernhard von nebenan.
Knapp 1400 Einwohner hat das Dorf Anhausen. Und Bernhard Langer ist dessen berühmtester Bürger. Hier kennen sie ihn alle, fast jeder hat irgendeine persönliche Geschichte über den Ausnahmegolfer zu erzählen. So wie der Mittsiebziger, der seinen Hund auf einer der schmalen Ortsstraßen spazieren führt. Er habe mit Langer schon das eine oder andere Boccia-Turnier bestritten, berichtet er. Unten im Anhauser Tal, dort wo der örtliche Sportverein beheimatet ist. „Der ist immer noch Mitglied bei unserem SSV. Da hat er früher auch in der Jugend Fußball gespielt“, erzählt der Mann weiter in breitem Dialekt. So wie sie hier eben sprechen, in der Ecke Bayerisch-Schwabens, in der die Orte Waldberg, Kreuzanger und Reinhartshausen heißen, die meisten Dörfer noch klein und ursprünglich, die Wälder aber dafür umso größer sind. Das hier ist die gelebte Definition von Idylle.
Raus in die große weite Welt
Langer ist freilich längst ausgezogen. Raus in die große weite Golf-Welt. Seinen Lebensmittelpunkt hat er mittlerweile im US-Bundesstaat Florida. Seit 1984 ist er mit Vikki Carol verheiratet, einer Amerikanerin, und auch seine Kinder Christina, Jackie, Jason und Stefan sind in den Vereinigten Staaten aufgewachsen. Einige Male im Jahr schaut Langer trotzdem noch in seiner Heimat vorbei. Diese Verbundenheit schätzen sie so sehr an ihm, die Anhausener. „Ihr Bernhard“ als Weltstar, der seine Wurzeln nie vergessen hat. Und weil er den Namen ihrer Gemeinde in all den Jahren international bekannt gemacht hat, haben sie ihm vor gut zehn Jahren zu seinem 50. Geburtstag mitten im Ort sogar ein kleines Denkmal gesetzt. Eine Stele, die vom heimischen Künstler und Bildhauer Friedrich Brenner gestaltet wurde. Sie zeigt auf drei Seiten den Golfer bei seinem Sport – als sechsfachen deutschen Meister, US-Masters-Sieger und erfolgreiches Mitglied des europäischen Ryder-Cup-Teams. Der Platz an der Mehrzweckhalle wurde bewusst ausgewählt. Denn dort spielt sich ein Großteil des Dorflebens ab. Im Hintergrund der Kindergarten, den auch Langers Sprösslinge Jackie und Stefan einst besucht haben. Auf der anderen Seite die Schule und ein Kinderspielplatz, auch die Kirche ist von hier zu sehen. Und natürlich das kleine Fußballtor auf der „Teerplatte“, wie die Anhausener den Platz liebevoll nennen. Hier, erzählt eine Frau um die 60, habe auch der kleine Bernhard früher oft stundenlang mit seinen Freunden getobt. „Bernhard-Langer-Platz“ haben sie das zentrale Areal vor einigen Jahren getauft.
Fotos der Spurensuche
Wenige Kilometer weiter hat 1965 die Golf-Karriere Langers begonnen. Acht Jahre war er jung, der Golfplatz im kleinen Örtchen Burgwalden hatte damals erst neun Löcher. Als Caddie verdiente sich der Bub aus dem Nachbardorf das erste Taschengeld. Wie seine beiden älteren Geschwister Erwin und Maria trug er den Golfern die Schlägertaschen über den Platz. Dass er es später einmal zu Weltruhm in seiner Sportart bringen sollte, wusste damals noch niemand. Mit neun Jahren war Bernhard Langer aber schon so gut, dass ihn der Pro auf den Platz ließ. Langer war ständiger Begleiter von Manfred Seidel. Ein Name, an dem man auch heute noch im Golfclub Augsburg nicht vorbeikommt. Seidel war Mitte der 1960er Jahre Seriensieger bei den Clubmeisterschaften. An der großen Ehrentafel gleich hinter dem Eingang des Clubhauses ist das für die Ewigkeit festgehalten.
2,50 Mark ließ sich Seidel die Langer’schen Dienste pro Runde kosten. Schon damals sei Langer „charakterlich einwandfrei“ gewesen, berichtet ein älteres Clubmitglied. Pflichtbewusst und lernbegierig. Einer, der nicht nur des Geldes wegen auf dem Golfplatz kam, in sich gekehrt war und fast jeden Ball wiederfand, selbst im dichtesten Rough. Allein diese kurze Episode aus dem Leben Bernhard Langers steht exemplarisch für die gesamte Karriere des 59-Jährigen. Stets geprägt von Ehrgeiz, Zielstrebigkeit, Trainingsfleiß und Durchhaltevermögen. Als er Anfang der 1970er Jahre als 15-Jähriger die Schule beendet hatte, ging Langer mit dem festen Willen zum Arbeitsamt, Golflehrer zu werden. Der Beamte auf der anderen Seite musste ob dieses Berufswunschs erst einmal in seinen Unterlagen blättern und riet dem Jugendlichen, sich doch eine richtige Ausbildung zu wählen. Zu dieser Zeit gab es in Deutschland aber schon rund 200 professionelle Golflehrer. Und schon einen Monat später, im August 1972, begann Langer tatsächlich als Golflehrer-Assistent. Der Rest der Geschichte ist bekannt. Erste große Erfolge, Ryder-Cup-Triumph, zwei Masters-Siege, sieben Senior-Major-Titel.
Die vielen Sternstunden in Bildern
An viele dieser Sternstunden erinnern verschiedene Fotos im Treppenaufgang des Clubhauses in Burgwalden. Alle fein gerahmt und mit erklärenden Titeln beschriftet. Langer als deutscher Meister, Langer zusammen mit Sohn Stefan bei der Father-Son-Challange der PGA-Tour, Langer mit grünem Jacket in Augusta und Langer beim Schlag mitten in der Krone eines Baumes beim Turnier in Fulford 1981. Allesamt wahrliche historische Golf-Momente des Ehrenmitglieds, auf das sie im GC Augsburg so stolz sind. Seine sportlichen Erfolge, seine Identifikation mit seinem Heimatclub, sein professionelles und bescheidenes Auftreten in der Öffentlichkeit sind ihnen ein Vorbild. Pokale, ausgelatschte Golfschuhe und Souvenirartikel waren im Rahmen der deutschen Ryder-Cup-Bewerbung vor Kurzem noch im Clubhaus ausgestellt. Man habe auch schon überlegt, Logobälle mit Bernhard Langers Konterfei produzieren zu lassen. Aber die Ehre, ihn als Mitglied zu haben, will man eben nicht zu den eigenen Gunsten nutzen.
Es gibt kein Langer-Corner auf dem Platz, keinen Big-Bernie-Cocktail im Clubrestaurant. Man gebe ihm ganz bewusst die Ruhe, die er draußen auf dem 18-Loch-Platz inmitten der Wälder sucht. Das sei ganz im Sinne der Sportikone, die nach wie vor wenig Wert auf Sonderbehandlung legt. Selbst die sechs Euro Leihgebühr für einen Trolleygriff legt Langer vor einer seiner Runden im Heimatclub stets auf den Tresen im Clubsekretariat, danach gibt es mitunter den einen oder anderen Verbesserungsvorschlag für die Platzgestaltung und –pflege vom Profi. Auf der Mitgliederliste, die auf dem Weg zur Umkleide an der grünen Wand hängt, ist Langer immer noch gelistet, vor seinem Bruder Erwin, der viele Jahre im Präsidium des Clubs war, und seinem Sohn Jason.
Ein Förderer des Golf-Nachwuchses
Für den Golfclub ist das ein unbezahlbarer Werbeeffekt. Gäste werden zuhause nicht in erster Linie von der natürlichen Schönheit der Anlage erzählen, sondern betonen, auf Langers Heimatplatz gespielt zu haben. Gerade für die Golfjugend sind Sportler wie Langer wichtige Idole. Daher gab es im GC Augsburg lange Zeit eine Bernhard-Langer-Trophy für den Nachwuchs, die mittlerweile als European Yong Masters ausgetragen wird. Glücklich darf sich übrigens auch heute noch der jeweilige Gewinner des Jugendcups Schwaben schätzen: Der oder die Beste erhält von Langer Jahr für Jahr einen Wanderpokal. Einen Schläger, mit dem er international selbst bereits erfolgreich war. Auch das ist besondere Heimatliebe.
Fotos: Stephan Schöttl