Wow, was für ein Abschlag. Den zweiten kurz aufs Grün gelegt und mit dem dritten Versuch versinkt die kleine weiße Kugel im Loch. Drei Schläge auf einem Par 4. Birdie! Und während Du total euphorisiert Deinen Score notierst, läuft den Mitspielern im Flight schon das Wasser im Mund zusammen. Was ist denn nun mit dem Birdieschnaps? Und warum dürfen eigentlich alle mittrinken, selbst wenn sie dieses Par 4 am Ende mit acht Schlägen gespielt haben? Ein Erklärungsversuch, denn die eine, die einzig richtige Definition dafür gibt es nicht.
Eines gleich mal vorweg: Als Allgäuer habe ich natürlich den Flachmann mit dem Birdieschnaps immer im Golfbag dabei. Hier in der Region und freilich auch tiefer in den Bergen. Dort, wo man auf der Alm ganz gerne mal ein Schnapserl mit den Freunden und Gästen trinkt, gehört der Birdieschnaps längst zur Standardausrüstung eines Golfers. Genauso wie die Schläger, die Bälle, die Tees und der Handschuh. Es ist mir aber auch schon passiert, dass ich meinen Birdieschnaps aus der Tasche gezogen habe und dabei von den Flightpartnern ungläubig angeschaut worden bin. Was will der denn jetzt? Alkohol auf dem Golfplatz? Gerade die Golfgäste aus dem hohen Norden sind mit diesem Brauch nicht immer ganz so vertraut.
Keine Geschichte zur Geschichte
Doch woher kommt dieser Kult eigentlich? Die erste Recherche im Internet ist recht mager ausgefallen. Eine Erzählung oder gar einen geschichtlichen Hintergrund scheint es nicht zu geben. Muss tatsächlich einfach mal einer gemacht und der andere gut gefunden haben. Quasi Mund-Propaganda im wahrsten Sinne des Wortes.
Also weiter gesucht. Nachgefragt bei einem, der sich mit Birdieschnaps bestens auskennen sollte: Martin Fankhauser. Der Zillertaler ist begeisterter Golfer und mit seinem Stiegenhaushof in Schwendau bei Mayrhofen einer der besten Schnapsbrenner des Landes. Einer, der die Heimat am liebsten in Lederhosen repräsentiert und ständig auf der Pirsch nach neuen Kreationen ist. Mit ein bisschen Glück, hast Du auch bald einen solchen Stiegenhaushof-Edelbrand im Bag. Denn Martin gibt als Unterstützer der Alpengolfer-Trophy am 14. Juli in Ehrwald für die Sonderwertungen was aus! Dafür schon einmal vielen Dank. "Wir feiern das Leben", sagt er. Und das macht er eben gerne auch auf dem Golfplatz. Seine Erklärung: "Ein Birdie ist ein großer Erfolg für einen Golfer. Das muss gemeinsam gefeiert werden."
Seine Spezialität ist der klare Bergheu-Brand. Nach einem Jahr voller Experimente und Ideen ist dieser edle Schnaps entstanden, mit dem er bereits etliche Medaillen gewonnen hat. Überhaupt ist kaum einer der Zunft so erfolgreich wie Martin Fankhauser. Mit anderen Spezialitäten holten er und seine Frau Kathrin mittlerweile fast 200 Auszeichnungen. Martin Fankhauser gibt zu: „Die Jagd nach noch besseren Produkten wird fast zum Lebensziel.“
Für ihn ist klar: Der Spieler, der das Birdie gespielt hat, gibt eine Runde aus. "Und wenn er keinen Birdieschnaps dabei hat, dann bekommt er von mir einen Bergheu-Gin." Den hat Fankhauser immer in seinem Bag dabei. Auch in meinem Birdieschnaps-Flachmann wartet einer der Schätze des Tirolers darauf, getrunken zu werden: ein Tiroler Gletscherbrand. Eine Vorgabe, was getrunken werden sollte, gibt es nicht. Die einen haben einen edlen Whisky im Bag, anderer einen Grappa oder einen Rum. Und so mancher baut lieber auf den handelsüblichen Williams. Auch keine Schande! Jeder darf, wie er will. Auch die Mädels im Flight. "Die bekommen von mir aber immer einen schönen Likör mit 18 Prozent", erklärt Fankhauser. Birdieschnaps light sozusagen. Das muss nicht immer die schlechtere Wahl sein. Merkt man dann spätestens am nächsten Abschlag. Es gibt da das eine oder andere Gerücht, dass so mancher Golfer am Ende schon mit Absicht den Putt vorbeigeschoben haben soll, um nach 18 starken Löchern noch immer fahrtüchtig zu sein ...
Fotos: Schöttl, Fankhauser Facebook