Golf&Natur: Gold für viel Grün

Es ist eine Art Charme-Offensive. Der Golfer als Naturschützer im Kampf gegen das leider noch immer verbreitete Image der Umweltsau. Der Golf Management Verband Deutschland hat den "Lebensraum Golfplatz" sogar zu seinem Jahresthema 2020 gemacht. Bei einer Podiumsdiskussion haben sich vor Kurzem in Stuttgart renommierte Fachleute kritisch damit auseinandergesetzt. Denn, das höre ich in letzter Zeit immer wieder, Golfer sind in dieser Hinsicht nicht Teil des Problems. Sie sind ein Teil der Lösung. In diesem Blogpost geht's um ein goldenes Beispiel aus dem Allgäu

 

Initiativen gibt es mittlerweile viele. Die Golfanlagen in Baden-Württemberg zum Beispiel haben mit dem Umweltministerium ihres Bundeslandes, dem Baden-Württembergischen und dem Deutschen Golf-Verband das Pilotprojekt "Lebenraum-Golfplatz - Wir fördern Artenvielfalt" ins Leben gerufen. Seit Jahren treibt der DGV zudem sein Umweltprogramm GOLF&NATUR voran, eine dreistufige Zertifizierung. Bronze. Silber. Gold. Wer die höchste Stufe erreichen will, muss schon ziemlich viele Anforderungen erfüllen. Ich habe beispielhaft einen der Gold-Klubs in Deutschland besucht: den Allgäuer Golf- und Landclub in Ottobeuren

Die Rettungskräfte rauschen im Minutentakt an

Der Nachthimmel über dem Hofgut Boschach im Süden der  Allgäuer Marktgemeinde Ottobeuren schimmert an diesem Abend dunkelblau. Im Minutentakt rauschen Rettungs- und Feuerwehrfahrzeuge an. Alarm im Allgäuer Golf- und Landclub. Ein Großbrand. Hektisches Treiben. 130 Einsatzkräfte der Feuerwehren aus Ottobeuren und den umliegenden Dörfern retten, bergen und löschen. Zum Glück ist dieses Szenario nur gespielt. Eine großangelegte Brandschutz-Übung haben die Verantwortlichen des Klubs auf dem Weg zur Gold-Zertifizierung des DGV-Umweltprogramms GOLF&NATUR organisiert. Und es ist nur eines von vielen Best-Practice-Beispielen aus dem Golfclub Ottobeuren, der mittlerweile binnen drei Jahren alle Zertifizierungsstufen durchlaufen hat – von Bronze 2016 bis zu Gold im Dezember 2019.

 

Auf den ersten Blick dreht sich freilich auch in Ottobeuren alles ums Sportliche. Wenn man das Hauptgebäude des Allgäuer Golf- und Landclubs (AGLC) betritt, fällt zunächst eine große Holzwand auf, auf der sämtliche Clubmeister der vergangenen Jahre verewigt sind. Gegenüber geht’s an der Pinnwand um Turniere, Regelkurse und Ranglisten. Es scheint aber fast symbolisch, dass über allem eine große Urkunde hängt: das vor Kurzem erhaltene Gold-Zertifikat GOLF&NATUR. „Es macht uns besonders stolz, dass wir die höchste Stufe erreicht haben. Noch dazu als erster Golfclub im Allgäu“, sagt Klubpräsident Horst Klüpfel.

Anfangs grasten auf den Wiesen noch Kühe

 

Die Nähe zu Pflanzen und Tieren gab es rund um das Hofgut Boschach gewissermaßen schon immer. Anfangs grasten auf den Wiesen noch Kühe. Hans Ungemach und sein Sohn Axel, zwei Männer aus dem Frankfurter Raum, wollten im Unterallgäu eigentlich eine Rinderzucht aufbauen, verwarfen diese Pläne aber schon bald wieder. Weil Hans Ungemach selbst schon seit Jahrzehnten Golf spielte, traf er sich bereits Ende der 1970er mit Interessenten, die in der Nähe des Hofguts einen Golfplatz errichten wollten. Nägel mit Köpfen wurden erst 1984 gemacht. Im Herbst 1985 war auch die 55 Hektar große Anlage bespielbar. Der Platz war damals der größte seiner Art in Bayern. Nicht flächenmäßig, aber in Ottobeuren entstanden neben dem 18-Loch-Platz auch sechs kürzere Übungsbahnen. Und 24 Spielbahnen waren zu dieser Zeit einmalig im Freistaat. Insgesamt wurden 2,2 Millionen D-Mark investiert.

 

Präsident Klüpfel bekräftigt: „Wir legen besonderen Wert auf die Erhaltung und Förderung der heimischen Flora und Fauna.“ Arno Malte Uhlig, Präsident des Bayerischen Golf-Verbands, thematisierte bei der offiziellen Übergabe der Zertifizierungsurkunde die Artenvielfalt, sprach von gefährdeter Pflanzen- und Tierwelt und meinte: Die Golfanlagen seien nicht das Problem, sondern ein Teil der Lösung. Als Geschenk hatte er eine gelbe Plakette mitgebracht, die an verschiedenen Stellen auf dem Golfplatz angebracht werden soll – mit der Aufschrift „Wir fördern Artenvielfalt. Lebensraum Golfplatz“. 

Ausgezeichnet beim "Abschlag der Ideen"

Die Schwerpunkte des Programms liegen aber nicht nur auf Natur und Landschaft, es geht auch um Pflege und Spielbetrieb, Arbeitssicherheit und Umweltmanagement sowie Öffentlichkeitsarbeit und Infrastruktur. GOLF&NATUR, sagt Klüpfel, ziele darauf ab, optimale Bedingungen für den Golfsport mit dem größtmöglichen Schutz der Natur zu verbinden. Sichtbare Maßnahmen gab es im Allgäuer Golf- und Landclub zuletzt viele. Das liegt daran, dass alle – von den Vorständen über die Greenkeeper bis hin zu den Mitgliedern – an einem Strang ziehen, wenn es um ihren Platz geht. Unter anderem wurden 90 Obstbäume gepflanzt. Engagierte Mitglieder sammelten 2280 Kilogramm Äpfel, aus denen 1640 Liter naturreiner Saft gepresst wurden. Dafür wurde der Allgäuer Golf- und Landclub beim Innovationspreis "Abschlag der Ideen 2018" des Deutschen Golf-Verbands ausgezeichnet. 

Der Clubmanager schlüpft in den Imkeranzug

Klubmanager Johannes Siemenczuk schlüpft schon einmal höchstpersönlich in den Imkeranzug, um mit professioneller Unterstützung den Honig der beiden klubeigenen Bienenvölker zu schleudern. Der süße Blütennektar wird im Sekretariat als „Tee-Bee-Honey“ angeboten und bei Turnieren als Preis ausgelobt. Auf der Maschinenhalle der Greenkeeper wurde eine Fotovoltaikanlage installiert, die Bunker auf dem Platz wurden umfassend saniert. Ein Löschteich, der beim Neubau einer weiteren Caddyhalle von den Behörden zur Auflage gemacht worden ist, wurde geschickt in den Spielbetrieb integriert – als zusätzliches Hindernis. Und zuletzt hat der AGLC als einer der ersten Golfclubs in der Region eine eigene E-Tankstelle in Betrieb genommen – mit einer Ladesäule für zwei E-Fahrzeuge und Ladestationen für zwei E-Bikes. Die Betankung erfolgt aus regenerativen Energien, vorrangig selbst produziert aus der PV-Anlage auf der Maschinenhalle des Golfclubs.

 

Manager Johannes Siemenczuk erklärt: "Wir wandeln damit Sonnenenergie in elektrische Energie und schließlich in Bewegungsenergie um. Im Sinne der Umwelt! Wir bieten unseren Gästen und Mitgliedern selbst produzierten Strom an und fördern damit eine umweltbewusste Fortbewegung." Das unterstreicht Klüpfel. Das Projekt zeige, "dass wir der Natur bestens verbunden sind und uns das Thema Golf und Natur sehr am Herzen liegt". Auch in der politischen Gemeinde kommt das umweltbewusste Handeln der Golfer bestens an. Ottobeurens Bürgermeister German Fries sagt: „Hier sind Denker und Lenker am Werk. Wir haben als Marktgemeinde für die Ökomodellregion Günztal geworben. In diesem Zusammenhang kann man guten Gewissens auf den Golfclub verweisen."

Fotos: Stephan Schöttl/alpengolfer.de, Stefan von Stengel