Es war eine beeindruckende Begegnung. Jennifer Sräga spielt seit ihrem siebten Lebensjahr Golf – trotz körperlicher Einschränkungen. Die junge Frau aus Senden bei Ulm ist kleinwüchsig. Auf dem Platz macht ihr das aber überhaupt nichts aus. Sie beeindruckt mit Leichtigkeit und Präzision. Als wir uns in ihrem Heimatclub, dem Golfclub Reischenhof, auf eine Runde verabredet haben, ist die 24-Jährige gerade von einer ihrer Turnierreisen zurückgekehrt. Nicht von irgendeiner, sondern vom Ryder-Cup der Golfer mit Behinderung in den USA. Sräga ist nämlich auch international spitze.
Der Ryder-Cup gilt als größtes Spektakel des Golfsports. Alle zwei Jahre blickt die Welt auf den Kontinentalvergleich zwischen Europa und den USA. Die Emotionen kochen hoch, es geht um Ruhm, Ehre und Prestige. Mehr als 500 Millionen Fans in 183 Ländern fieberten bei der letzten Auflage vor dem Fernseher mit. „Bei uns waren es nicht ganz so viele“, sagt Jennifer Sräga lachend. Sie ist gerade zurückgekehrt aus den USA, wo sie für Team Europa beim Ryder-Cup der Golfer mit Behinderung gespielt hat. Die USA hatte am Ende einen Punkt mehr, die Erlebnisse dieser Reise sind für Sräga aber mindestens genauso viel wert wie die Trophäe. „Das ganze Ambiente und Drumherum waren schon der Wahnsinn“, sagt sie.
Als Siebenjährige hat Jennifer Sräga mit Golf begonnen
Im Golfclub Reischenhof bei Wain ist sie regelmäßig auf dem 27-Loch-Platz unterwegs und treibt ihre sportliche Entwicklung voran. Handicap 5,1 hat sie inzwischen. Der Schwung sieht elegant aus, der Ball fliegt weit vom Abschlag, das kurze Spiel rund ums Grün ist präzise. Es gibt viel, was man sich von Sräga auf einer Runde abschauen kann. Wenn’s doch bloß so einfach wäre.
Schon im Alter von sieben Jahren war sie zum ersten Mal auf dem Golfplatz, hatte damals ihre Eltern und die ältere Schwester begleitet. Liebe auf den ersten Blick war es aber nicht. „Am Anfang war Golf für mich anstrengend“, sagt sie. Doch nach und nach fand sie Gefallen am Spiel mit dem kleinen weißen Ball. „Das Schöne am Golfsport ist, dass man sich an der frischen Luft bewegt und dass Spielerinnen und Spieler unterschiedlicher Stärken miteinander über den Platz gehen können. Golf ist auch eine packende Sportart, da man nie genau sagen kann, wie sein eigenes Golfspiel im Moment ist. Läuft es an einem Tag richtig gut, so kann es am nächsten Tag wieder ganz anders gehen und andersherum. Man hat so viele Komponenten, auf die man achten muss“, erklärt die 24-Jährige. Sie hat Schläger, die an ihre Größe und die körperlichen Voraussetzungen angepasst sind. „Aber das sind keine Kinderschläger“, betont Sräga. Die wären nämlich zu leicht für sie.
Ihr großer Traum ist ein Golf-Turnier bei den Paralympics
Jeden zweiten Tag versucht sie, am Reischenhof trainieren zu gehen. Neben Studium und Arbeit. Auch die hat mit ihrer großen Leidenschaft zu tun, Sräga ist beim Bayerischen Golfverband tätig. „Wenn ich trainiere, gehe ich meistens auf den Platz und beobachte beim Spielen, was nicht so gut funktioniert hat. Das übe ich dann im Anschluss an die Runde oder beim nächsten Training. Da ich mit den langen Schlägen oftmals aufgrund meiner Körpergröße nicht so weit komme, trainiere ich sehr oft mein kurzes Spiel, um das Defizit ausgleichen zu können“, sagt sie.
Die ersten Erfolge stellten sich schnell ein. Im deutschen Team der Golfer mit Behinderung ist sie längst eine unverzichtbare Leistungsträgerin, vor ein paar Wochen durfte sie ihr Land bei der Europäischen Mannschaftsmeisterschaft im Golfclub Hösel/Nordrhein-Westfalen vertreten und wurde dort Sechste. Ihr größter Erfolg bislang war Platz zwei bei ihrer ersten Einzel-EM 2018. „Ich bin mit den Erwartungen angetreten, dass ich einfach mal beim Turnier mitspiele und dann sehen kann, wie alles so läuft. Ich habe nicht daran gedacht, dass ich schon gleich mit einer Medaille nach Hause zurückkehren würde“, erinnert sie sich. Ein paar Tage nach unserer gemeinsamen Runde war die 24-Jährige wieder unterwegs. Dieses Mal bei einem großen Turnier in England. Und irgendwann würde sie sich gerne ihren größten sportlichen Traum erfüllen. Sräga sagt: „Ich hoffe darauf, dass Golf in naher Zukunft auch bei den Paralympics gespielt wird. Da wäre ich dann gerne dabei.“